Ausstellung der Friedensbibliothek Berlin – «Seinen Ort finden»
Ausstellung der Friedensbibliothek Berlin – «Seinen Ort finden»

Ausstellung der Friedensbibliothek Berlin – «Seinen Ort finden»

von
64 64 people viewed this event.

Man weiß aus einer der Biografien Hitlers, daß ihn ein Buch über den grausamen römischen Diktator Sulla als Kind sehr beeindruckte. Man stelle sich nur vor, wie Hitler dann als junger Mann nach dem 1. Weltkrieg elend und entwurzelt durch die Straßen von Wien irrt – nach dieser Art „Größe“ hungernd…

Die Folgen solcher minderwertiger Einflüße und des „um jeden Preis in die Geschichte eingehen wollen“ spüren wir bis heute. Doch haben wir daraus gelernt? Welche Art von Vorbildern umgibt uns heute, geben wir unseren Kindern weiter?

In diesem Sinne beleuchtet die Ausstellung Seinen Ort finden sieben Biografien, von denen in der Elisabethenkirche in Basel vier gezeigt werden. Alle passen unter die Worte von Simone Weil: “ Die Zukunft bringt uns nichts, gibt uns nichts; wir sind es, die ihr, um sie zu erschaffen, alles geben, ja unser Leben selber geben müssen.“

Josef Sudek – Die siebte Seite des Würfels. Er verliert im 1. Weltkrieg einen Arm und landet als Invalide in einem Heim. Hier beginnt er mehr zufällig zu fotografieren und bleibt dabei ein Leben lang abseits der Moden und politischer Einflüße. Die vielleicht schönsten Stilleben der Fotografie entstehen durch ihn mit einer zauberhaften Leichtigkeit und Anmut . 

Kurt Kretschmann – Vom Kriegsgegner zum aktiven Naturschützer. Nach der Machtergreifung Hitlers weigert er sich trotz fast 6 Millionen Arbeitslosen als Schneider Uniformen herzustellen, da er Kriegsgegner ist. Er wird zur Zwangsarbeit geholt, später wider Willen Sanitäter an der Ostfront und überlebt dort 2 Jahre das Gemetzel in der “Hauptkampflinie” wie durch ein Wunder. Im Februar 1945 desertiert er und gräbt sich für 75 Tage in den bitterkalten Erdboden unter einer Laube ein. Nach dem Krieg wird er “Naturschützer der ersten Stunde”, als sich noch niemand dafür interessiert. Zusammen mit anderen rcihtet er weltweit die erste Naturschutzlehrstätte 1954-60 an der Müritz ein. Später bewirtschaftet er dann einen wunderschönen Lehr- und Schaugarten in Bad Freienwalde. Das seit dem 1.1.1995 für die ganze Bundesrepublik gültige Naturschutzsymbol mit der Eule geht auf ihn zurück. Er “erfand” es Ende der 1940er Jahre. Rückblickend sagt er: “ Letztlich haben wir bewiesen, wieviel man, allen Widerständen zum Trotz, durchsetzen kann, wenn man ganz engagiert ist.”

Die Kinder von Schloß La Hille – Ein Ort der Rettung. Der junge Lehrer Sebastian Steiger aus Basel bewirbt sich mit anderen zusammen, kriegsgeschädigte Kinder in Frankreich betreuen zu dürfen. Ab 1943 kümmert er sich um über 100 jüdische Kinder im Schloß La Hille in Südfrankreich. Er versucht, ihnen Heimat und Familie zu ersetzen. Als die Situation im deutsch besetzten Frankreich immer gefährlicher wird und Kinder sogar deportiert werden, verstecken er und seine Kolleginnen zunächst einige. Später bringen sie sie sogar illegal bis in die Schweiz – gegen den Willen der Schweizer Behörden, Polizei und Armee; immer in Gefahr selbst verhaftet zu werden. Er und andere  werden später vom Staat Israel als “Gerechter der Völker” ausgezeichnet.

Jan Bernasiewicz – Das sind alles meine Nachbarn. Der polnische Kleinbauer hat ein Leben lang schwer gearbeitet, war im 2. Weltkrieg zur Zwangsarbeit in Deutschland. Mit 60 Jahren verkauft er seinen Acker und beginnt seinen Obstgarten zu “verschönern”. Es enstehen viele Hundert zum Teil lebensgroße Holzfiguren, er ‚möbliert‘ die Geschichte Polens, stellt die Märchen, die Sagen, den Glauben, Kopernikus, einen Piloten oder einfach seine Nachbarn dar. Nie hat er etwas davon verkauft, nur zur Freude der Mitmenschen soll es sein. Von weit her kommen die Besucher, um den Mann zu sehen, der diese unbeugsame Lebensenergie hat. Sein Fazit zum Thema Selbstachtung: …erstens die eigene Gesundheit zu schonen, zweitens auf die eigene Würde bedacht sein, drittens an die eigene Kraft glauben, viertens auch in den schlimmsten Zeiten Lebensmut haben, fünftens daran glauben, daß du von jemandem gebraucht wirst, daß etwas in dir für deinen Nächsten zurückbleibt.

Diese wenig bekannten Schicksale verdienen es, nicht vergessen zu werden. Nach Simone Weil ist dies die einzige Art, wie man Hitler bestrafen kann: “ihn in den Augen der nach Größe dürstenden kleinen Jungen künftiger Jahrhunderte zu einem abschreckenden Beispiel” zu machen. In dem wir eben an jene unbekannten Menschen und ihre Menschlichkeit erinnern.

 

Date And Time

14-07-2025 to
15-08-2025
 

Veranstaltungsarten

 

Veranstaltungskategorie

Share With Friends